Die Geschichte der Körperpsychotherapie

Siegmund Freud beschrieb die folgenden Konzepte, die wir bis heute in unserer Arbeit brauchen: Das Bewusste und Unbewusste, die Abwehrmechanismen und Abwehrdynamik
Er befasste sich mit der Triebtheorie, und beschrieb anschliessend die drei Instanzen, Es, Ich und Überich. Er erkannte die Wichtigkeit und der Einfluss der kindlichen Entwicklung auf die erwachsene Persönlichkeit und erfand das Konzept der Neurose. Er definierte die Neurose als eine Konflikt-konstellation die nicht adäquat verarbeitet werden konnte und ins Unbewusste verdrängt wird.
Freud erkannte einerseits, dass die Verdrängung dieser Konflikte ins Unbewusste sehr viel Energie braucht und dass andererseits die Abwehrmechanismen, die dazu dienen dieser Konflikt im Unbewussten zu halten ebenfalls sehr viel Energie binden und verbrauchen.
Diese in der Abwehr gebrauchten Energien, beeinträchtigen die Menge der Energie die das Kind für seine Entwicklung brauchen würde. Je mehr verdrängtes Material gibt, umso weniger Energie hat die Person zur Verfügung.

Wilhelm Reich kehrte zurück zum Begriff der Energie.
Er war interessiert diese zurückgehaltene und gebundene Energie aus der Verdrängung zu befreien, mit der Hoffnung die neurotische Konstellation aufzulösen. So begann Reich diese Energie zu untersuchen und zu beschreiben. In seiner Auseinandersetzung entdeckte er, dass Innen und Aussen in Wechselbeziehung stehen, dass Seelische- und Körperliche Prozesse sich gegenseitig beeinflussen.
Er beschrieb in diesem Zusammenhang der Vertikalen Energieflusses und die Horizontal angelegten Muskeln die diese Innere Bewegung regulieren und auch blockieren.
Die gebundene und blockierte Energie auf der körperlichen Ebene und die erstarrten und verhärteten Muskeln dazu nannte er Blocks oder «Panzerung». Reich entdeckte somit die «Körperliche Neurose»
Die „Befreiung“ dieser Körperenergie bzw. sie zum fliessen zu bringen (das Flow Prinzip) wurde Zentral in seiner Arbeit, Er nahm an, dass innere Fliessen, die vegetativen Strömungen wieder ins Gleichgewicht bringt und damit kann die erstarrte Lebendigkeit wieder erwachen und dadurch kann der Organismus seiner Natürlichen Funktionen wieder erlangt.

Das ungehinderte Fliessen der Energie im Körper (was die Metabolische Aktivität und die vegetativen Reaktionen anregt und aktiviert) wurde mit Gesundheit in Verbindung gebracht und das erstarren und zurückhalten der Energie (das zu Kristallisation und Materialisierung führt) mit Erkrankung.
Durch die Erforschung des Orgasmus Reflex beschrieb er Prinzipien und Eigenschaften dieser Energie: Wie Ladung (Spannung) und Entladung (Entspannung). Unser Körper sah er als ein Organ, das Energie auflädt (akkumuliert) und diese Energie gebraucht (entlädt). Die Energie kann in verschiedenen Funktionen gebraucht werden, also sie kann sich erschöpfen. Deshalb muss sie wieder aufgeladen werden. so gilt hier folgende Axioms Schritte zu differenzieren: Energiebeschaffung/Aufladung/Arbeit verrichten/Erschöpfung und wieder Aufladung.

Dem zufolge kann der Körper mit einem Akku-lader verglichen werden der uns heute allen bekannt ist. Anhand dieser Erkenntnisse entwickelte Reich seine «Vegeto-therapie»

Reich beobachtete, dass alles was lebt pulsiert und dass diese Pulsation aus zwei Bewegungsphasen besteht, Expansion und Kontraktion. Die Erstarrung und Fixation dieser Bewegung, in einer der Pole, beschrieb er als neurotisch einengend. So kann diese natürliche Bewegung entweder in die Kontraktion erstarren oder in der Expansion.

Anhand der körperlichen Organisation: Der Körper Abwehr, der Energie Fluss, der fixierten Haltungen und Verhaltensmuster beschrieb er die Charakterstrukturen.

Alexander Lowen und John Pierrakos übernahmen die Konzepte von Reich, vor allem

  • Die Vegetative Dynamik ( Metabolischer Mechanismen)
  • Der Energiefluss ( der vertikale Energiefluss und die Segmente als horizontale Regulatoren/ Blocks und Stauungen)
  • Die Psycho-physischer Abwehrmechanismen in Verbindung zur Trieb Dynamik
  • Die Charakterabwehrstrukturen (Körper-Psyche-Energie und Verhalten in Austauschdynamik)

Diese Grundkonzepte wurden von beiden Systematisiert, differenziert und vertieft.

Lowen in seiner Bio-energetik (die Energie des lebenden Systems) gebrauchte den Begriff Energie im Sinne von „Life force“ Lebenskraft. Wenn wir Trieb als „die von Innen her treibende Kraft „übersetzen dann erkennt man die Ähnlichkeit beider Begriffe.

Die „Lebenskraft“ oder die „Lebensenergie“, wurde später in zwei Kreise eingeteilt in den aktiven und den rezeptiven Kreislauf. Die aktive Energie wurde aus Erfahrung in den Beinen, dem Rücken, Nacken, Kopf und im Ausdruck beschrieben, sie ist verbunden mit den Ausgängen „Exits“ Hände und Beine und mit dem Erdungssprozess. „Grounding“.
(Stand, Aufrichte-kraft, Handlung und Ausdruck sowie Assertivness)

Die Rezeptive Energie wurde mit der Frontseite des Körpers assoziiert, mit „longing“ Verlangen, aufnehmen, ernähren und den zärtlichen Gefühlen.
(Dieser Konzept, deckt sich mit der Chinesischen Medizin mit den Haupt Meridianen, Yang-mo und dem Yin-mo).

In Bezug auf ihre therapeutische Arbeit beobachteten sie, dass der Selbstausdruck, der Ausdruck von Emotionen, aggressiven Impulsen  und der Selbstbehauptungskräfte, nur in beschränktem Masse sitzend und liegend durchzuführen waren. Deshalb brachten sie den Klienten auf die Beine, waren bemüht ihm Stand zu geben, den Körper zu stärken, Kraft aufzubauen und verdrängten Impulse optimal zum Ausdruck zu bringen.
Das Grounding-konzept wurde hier Zentral.

Auch die Charakterabwehrstruktur wurde durch A. Lowen systematisiert, mit Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie ergänzt und konzeptionell neu in die Therapie eingebunden.

Die Arbeit mit dem Widerstand und mit der Körperpanzerung  (die Einengung und  Fixierung der Beweglichkeit wurde mit neuen Techniken (Körperübungen) erweitert und ergänzt. „Mobilität und Flexibilität“ statt „Erstarrung und Fixation“

Auch das „Flow Prinzip“, und das Bestreben die Pulsatorische Bewegung im Körper wieder herzustellen blieben ein Zentraler Anliegen der Körper und Energie orientierten Psychotherapien.

Alexander Lowen in seiner Arbeit machte „öfters“ den Eindruck eine existenzielle Philosophie zu verfolgen, «Das Leben hat keinen Sinn ausser gelebt zu werden» sagte er und forderte seine Klienten auf, « zeige mir, wie lebendig und vital du bist, zeige wie deine Vitalität und Lebenskraft in deinem Ausdruck kommen kann. Ein lebendiger Körper beherbergt eine lebendige Seele, so erlaube, dass deine Seele in deinem Körper sich  entfalten kann».

Pierrakos trennte sich von der Bioenergetischen Bewegung und gründete die Core Energetics. Pierrakos begnügt sich nicht mit den existenziellen Funktionen, sondern erforschte weiter den höheren Sinn, unserem Dasein. Er war davon überzeugt dass unser Leben einen tieferen Sinn besitzt, dieser Sinn kann erkannt werden, wenn wir unser Leben wirklich leben. (Martin Buber Philosophie, lässt sich hier erkennen, auch die Haltung von mir zu dir um wieder zu mir zu finden, lässt dies erhärten)
Pierrakos differenzierte zwischen trennenden und verbindenden Kräften und zwischen positiven, lebensbejahenden und negativen, destruktiven Haltungen. Er war bemüht die destruktiven Kräfte (Lower Self) zu bearbeiten um die Positiven zu stärken. Er sah die Schwerpunkt seiner Arbeit in der Überwindung des Niederen-selbst (Lowerself) und in der Verkörperung des Höheren-Selbst (Higherself) und des Cores.

John Pierrakos Arbeit wurde von seiner Frau Eva Pierrakos-Broch und ihre Pfadarbeit (Pathwork) stark beeinflusst. Während Eva das menschliche Leid als Resultat der ursprünglichen Trennung unsere Seele von der „Göttlichen“ Urquelle sah, betrachtete Pierrakos die Trennung von unserem Kern (vom Core) und die Bildung vom „Falsche Selbst“ als Ursache des Leidens. Beide sahen die Lösung, im sich mit der Urquelle wieder zu verbinden.
Pierrakos beschrieb 3 wichtige Axiome seiner Arbeit:

  1. Die Heilkraft ist im Klienten innewohnend ( und nicht ausserhalb zu suchen)
  2. Alles ist mit allem verbunden (Trennungen können die verbindenden Kräfte schwächen / die Entwicklung der Liebesfähigkeit ist stärkend, für diese verbindende Kräfte)
  3. Ehre und würdige das Seelische im Menschen, betrachte und konfrontiere aber ihre Persönlichkeit. (Aus der Persönlichkeit entstehen häufig die Probleme und nicht aus dem Core).

Ruhend auf die bioenergetischen- und Core energetischen Arbeit entwickelte Walid Daw die Core Development, die bestrebt ist, die Multidimensionalität des Menschen zu erkennen und zu verbinden. Sie untersucht und beschreibt die Dynamik der verschiedenen Ebenen und deren gegenseitige Beeinflussung. Die individuelle Anpassung der Arbeit an die Person ist und bleibt zentral.

In der therapeutischen Ausbildung werden 9 Felder unterscheiden, die die Lebensdynamik bestimmen. jedes Feld hat seiner eigenen Theorien, Axiome, Techniken und Zielsetzungen.

Diese Felder werden in einzelnen Modulen gelehrt, vertieft und experimentell erfahren. Verbunden mit diese 9 Feldern sind die 4 Arbeitsachsen: die existentielle Achse, die Entwicklungsachse, Achse des Fliessens und Achse der Beziehung. Öfters wird polar gearbeitet, entweder werden die Pole ergänzt oder verbunden, so dass eine dritte Kraft ermöglicht wird. Zwei Grund Theorien bilden hier die Grundlagen bzw. den Boden auf dem alle weitere Axiome ruhen, nämlich Theorie der 4 Wahrheiten und die Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt, sein und haben.

Core Development stellte das Herz und die Entwicklung der Herzensqualitäten in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Nicht nur die Defizite und die Pathologie der Person sollten behandelt werden, sondern parallel müssten die angeborenen Ressourcen und die positive Ausrichtung der Kräfte unterstützt und kultiviert werden.

Die Basiselemente: der Selbstbeobachtung und der Reflexion, sowie die Verbindung mit dem Selbst, mit dem Körper und mit eigenen Kräften, sind für diese Arbeit und für den Entwicklungsprozess des Klienten unentbehrlich.
Die Beziehung zwischen den Therapeuten und der Klient erlangte später einen wichtigen Platz, so können Projektion und Übertragung bearbeitet werden aber auch, Vermischung, Resonanz und positive Beziehungsgestaltung.
Die Techniken in der Polaren Arbeit vom Sein und Werden sind verschieden.
Die Selbstregulationsmechanismen rückten immer mehr in den Mittelpunkt der Arbeit.
Nicht nur der Energiefluss ist entscheidend, sondern auch die Integration und der Ausgleich dieser Felder.
Auch das Bestreben verschiedene Modalitäten untereinander zu verbinden und sie auszurichten ist zentral. Nicht nur die Energie zu befreien, sondern diese zu verdichten, ihr Form zu geben und sie im Leben auszurichten.
So ist die Verbindung zum Core (der inneren Kraft) zum Ort in uns der zentral ist sehr bedeutsam.
Durch diese Verbindung wird die Unterscheidung zwischen zentral und peripher ganz deutlich, somit was existenziell ist und was nicht.

Grundtheorien, Grundannahmen und Zielen:

(Diese Grundannahmen wurden in der Bioenergetischen und Core energetischen arbeiten verwendet und wir haben sie weiterhin übernommen)

  1. Der Organismus ist eine lebendig vitale und pulsierende Einheit.
  2. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Psychischem Geschehen und Körper
  3. Alle Instanzen, Körper, Psyche und Mind, werden von der Energie belebt und vitalisiert.
  4. Das System Mensch, hat die natürliche Fähigkeit sich selbst zu regulieren. Dadurch kann das Gleichgewicht wieder erzielt werden.
  5. Es gibt nicht nur Psycho-somatische, sondern auch Somato – Psychische Effekte.
  6. Der Körper ist wie ein Akkulader, er muss Energie aufbauen (aufladen), diese für Körperfunktionen, Handlungen und Entwicklung gebrauchen.
  7. Die Energie Erschöpft sich und muss neu aufgeladen werden.
  8. Zu viel Energie im System des Organismus kann zu Überflutung führen, das löst Angst aus da der Organismus sich bedroht fühlt.

Zu wenig Energie, Deprivation führt zu Mangelerscheinungen. Dies kann zu Schwächung des Organismus führen, was wiederum zu Müdigkeit und Erschöpfung führt. (Da entsteht Angst vor der Dis-funktionalität).

  1. Die Energie kann Frei fliessen oder blockiert werden.
  2. Blockierte Energie, führt zu Stagnation, zu Verringerung der Beweglichkeit und der Sensibilität, sowie zur Hemmung des Ausdruckes.
  3. Die menschliche Natur interagiert ständig
  4. Nicht nur Konflikte können verdrängt werden, sondern auch Frustrierte Bedürfnisse und Impulse.
  5. Traumatische Ereignisse (Kritische Erfahrungen) formen uns psychisch, mental und körperlich. (unser Glaubenssysteme und innere Haltungen, formen unser Körper und seine Reaktionen)
  6. Der Körper beherbergt 7 verschiedene Segmente (Ringmuskeln) die, die Vertikale Energiefluss Regulieren, genau an diese stellen kann die Abwehr stattfinden und der Block sich formen.
  7. Je nachdem wie sich die Blocks gebildet haben und sich der Körper geformt hat entstehen die Körper- Abwehr-Strukturen.

Die Core Development hat viele der Früheren Konzepte systematisiert, differenziert und ergänzt.
Neue Axiome, Vernetzungen, Techniken und Schwerpunkte sind dazu gekommen.
Die Hintergrund Theorie der Core Development unterscheidet sich von den vorherigen Schulen wesentlich. Die Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt, wer ich bin und was ich habe, lehnt sich in erster Linie an die Buddhistisch-taoistische Lehre. (siehe hier auch, die 4 Existentiellen Wahrheiten). Es ist uns ein Anliegen, dass die Menschen ihre menschliche Natur verstehen und annehmen, das Belastende und hindernde verarbeiten und loslassen können um sich weiter entfalten zu können.